Frauen in Technikberufen
Text: Christel Zidi
Jacqueline Podschadel ist 24 Jahre alt und absolviert aktuell erfolgreich ihre Ausbildung zur Mechatronikerin bei Martinrea Honsel in Meschede. Damit ist sie in der männerdominierten Technikwelt eher eine Ausnahme. Momentan erlernen bei Martinrea Honsel nur vier Frauen gewerblich-technische Ausbildungsberufe zur Mechatronikerin, Werkzeugmechanikerin sowie zur Technischen Produktdesignerin.
Warum hast Du Dich für Martinrea Honsel entschieden?
„Ich kenne Honsel schon von klein auf durch meinen Opa und meinen Papa. Ich war früher auch auf Besichtigungstagen dabei und fand die ganzen Maschinen und Roboter damals schon sehr interessant. Martinrea Honsel hat mir die Möglichkeit für freiwillige Praktika gegeben und daher habe ich mich von Anfang an sehr aufgehoben gefühlt.“
Was sind die täglichen Aufgaben in Deinem Ausbildungsberuf?
„Ich helfe den Facharbeiterinnen und Facharbeitern bei Reparaturen, Wartungen und Fehlersuche. Oft kann ich Aufgaben aber auch schon selbstständig übernehmen, wie z.B. Lampen anschließen, Steckdosen und Schalter verbauen und diese verdrahten, aber auch viel im mechanischen Bereich z.B. Halterungen bauen, Schaltschränke umbauen oder auch schweißen.“
Wie fühlst Du Dich mit all Deinen männlichen Kollegen?
„Das Arbeiten ist ziemlich entspannt, alle sind immer hilfsbereit und ich habe mich noch nie ausgeschlossen gefühlt. Es macht einfach Spaß und ein Zickenkrieg ist auch noch nie entstanden.“ (lacht)
Vor welche Herausforderungen wirst Du als Frau gestellt?
„Am Anfang hatte ich schon sehr Respekt davor, als Frau in diesem Beruf zu arbeiten, aber das hat sich mittlerweile gelegt. Vielleicht hatte ich manchmal das Gefühl, ich müsse mich irgendwie beweisen oder ich sollte viele Dinge vielleicht besser alleine schaffen, aber diese Gedanken existierten nur in meinem Kopf. Mittlerweile habe ich gemerkt, dass viele Kollegen sehr hilfsbereit sind und viele gar nicht dieses Klischeedenken haben, wie ich es früher oft dachte. Im Prinzip ist es echt egal, ob man eine Frau oder ein Mann ist. Die Hauptsache ist, dass wir alle die Begeisterung für Technik haben.“
Im Rahmen Deiner Ausbildung bist Du zusätzlich als Azubibotschafterin im Umkreis von Meschede unterwegs. Wie kam es dazu?
„Meine Ausbilder wurden von der IHK gefragt, ob sie Auszubildende hätten, die gerne als Azubibotschafter aktiv wären. Daraufhin kam unser Ausbilder auf mich und einen meiner männlichen Azubi-Kollegen zu und hat mich gefragt, ob ich Interesse daran hätte, Schülerinnen und Schülern die technischen Ausbildungsberufe bei Martinrea Honsel vorzustellen. Das Angebot habe ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen gerne angenommen, denn mir fehlte das in der Schulzeit. Daher war es für mich sofort klar, dass ich Schülerinnen und Schüler gerne über unsere Ausbildungsberufe informieren und sie bei ihrer Entscheidung unterstützen möchte. Durch meine persönlichen Erfahrungen hoffe ich, dass ich so vielen Schülerinnen und Schülern unter die Arme greifen und ihnen die Angst nehmen kann, wenn sie noch nicht wissen, was sie nach der Schule machen möchten. Ich möchte ihnen vermitteln, dass sie damit nicht alleine sind und sie beruflich viele Möglichkeiten haben.“
Wie sah denn Dein eigener beruflicher Werdegang bisher aus?
„Eigentlich wusste ich nach der Realschule nicht wirklich, was ich zukünftig beruflich machen möchte. Ich habe zwar während der Realschulzeit schon ein Praktikum als Mechatronikerin bei Martinrea Honsel gemacht, aber war mir noch sehr unsicher über meine berufliche Zukunft und meine Interessen. Daher habe ich mich erst einmal für das Abitur entschieden und gedacht, dass ich den Abschluss danach für ein Studium nutze. Ich habe dann drei Semester „Umwelt (nachwachsende Rohstoffe)“ studiert und mir wurde schnell klar, dass mir die praktischen Inhalte und am Ende des Tages die Ergebnisse fehlen. Also habe ich die Berufsinformationsbörse in Meschede besucht und habe mich da, wie zur Schulzeit schon einmal, direkt wieder beim Martinrea Honsel Stand informiert und ein zweites Praktikum als Mechatronikerin vereinbart. Diese zwei Wochen haben mir gezeigt, dass das der Beruf ist, den ich erlernen möchte. Ich habe dann mein Studium abgebrochen und im darauffolgenden Jahr meine Ausbildung hier begonnen. Diese Entscheidung habe ich auch nie bereut. Mein Weg zeigt glaube ich ganz gut, dass es wichtig ist, dass man sich früh genug mit solchen Themen beschäftigt und sich über die Möglichkeiten informiert. Selbst wenn man Abitur gemacht hat, heißt das nicht, dass man direkt studieren gehen muss. Auch eine Ausbildung kann viele Türen öffnen und bietet für ein Studium oft genau die praktischen Erfahrungen, die einem direkt nach dem Abitur einfach noch fehlen.“
Was genau sind dann Deine Aufgaben als Azubibotschafterin?
„Ich fahre zu den Schulen im Umkreis und stelle den Schülerinnen und Schülern unser Unternehmen vor, mit allen gewerblich-technischen Ausbildungsberufen, der Möglichkeit zu Praktika und meinen persönlichen Erfahrungen. Gerade durch meine eigenen Erfahrungen wirkt das alles natürlich auch sehr authentisch und auf Augenhöhe. Ich hoffe, damit auch viele Mädels zu überzeugen. Anschließend stehe ich den Schülerinnen und Schülern immer noch Rede und Antwort bei allen Fragen, die sie haben. Das kam bei ihnen und auch bei den Lehrenden immer sehr gut an und mir selbst macht das auch sehr viel Spaß, weil es total abwechslungsreich ist. Ich bin dann sogar immer mit einem coolen Firmenwagen unterwegs.“ (lacht)
Würdest Du Deinen Ausbildungsberuf Deinen Freundinnen weiterempfehlen?
„Auf jeden Fall. Die Hürde zu einem technischen Beruf existiert eher im Kopf. Deshalb sollte man sich einfach mal trauen, in solch einen Beruf reinzuschnuppern. Außerdem macht es echt Spaß in diesem Beruf zu arbeiten, da er so vielfältig ist und ich auch für zuhause viele Dinge aus der Ausbildung mitgenommen habe. Vielleicht sind wir nicht die allerstärksten, dafür haben Mädchen viele andere Eigenschaften, welche sich mit den Eigenschaften der Jungs gut ergänzen.“
Im Rahmen einer Employer Branding Maßnahme im letzten Jahr stand Jacqueline mit einem ihrer männlichen Azubi-Kollegen vor der Kamera. Mit den Bildern und dem Video ist sie seitdem häufig als „Werbegesicht“ für die Ausbildung bei Martinrea Honsel und für Frauen in technischen Berufsfeldern zu sehen. Das Video findet sie sehr gut, da es sehr persönlich ist und ihren beruflichen Weg und ihre Aufgaben gut beschreibt.
Dieter Berndt, Leiter Personalentwicklung und zuständig für den Bereich Ausbildung bei Martinrea Honsel:
„Frauen und Technik? Das passt definitiv sehr gut zusammen. Unsere Erfahrung mit Frauen in Technikberufen ist mehr als positiv. Auch die Prüfungsergebnisse liegen im Durchschnitt über denen der männlichen Kollegen. Nach wie vor entscheiden sich doch nur wenige Mädchen für eine berufliche Karriere in Naturwissenschaft und Technik. Das zeigen nicht nur die Zahlen in den Unternehmen, sondern auch in entsprechenden Studienfächern und das, obwohl in diesen Bereichen exzellente Beschäftigungs-, Weiterbildungs- und Verdienstmöglichkeiten bestehen. Es gibt heutzutage keinen Grund mehr, einen technischen Beruf nicht zu erlernen, sofern Interesse an Technik besteht. Wir freuen uns über jede Bewerberin!“