BERLIN. Wer ein schlüsselfertiges Haus kaufen möchte, der muss dazu einen Bauvertrag abschließen. In der Regel ist das ein komplexes juristisches Schriftstück, das die wenigsten Laien im Detail verstehen. Um potenziellen Käufern den Vertragsabschluss zu erleichtern, gibt es inzwischen Musterverträge im Internet. Sie beinhalten scheinbar alles, was der Laie zum Vertragsabschluss wissen muss. Thomas Penningh, Vorsitzender des Verbands Privater Bauherren(VPB) warnt allerdings: "Von diesen Angeboten raten wir ab."
"Die Musterverträge sind nämlich nicht vollständig. Wer sich auf sie verlässt, und glaubt, das Vertragsmuster regle zusammen mit dem Gesetz alles für sein Bauvorhaben Notwendige, der unterliegt einem Trugschluss", urteilt Thomas Penningh. "Als ältester Verbraucherschutzverband im Bereich des privaten Bauens können wir davor nur warnen: Wer bauen will, der braucht mehr als einen standardisierten Vertragsvordruck! Er braucht seriöse und individuelle Beratung."
Inhalt eines jeden Bauvertrags ist die konkrete Definition aller einzelnen Bauleistungen sowie die Festlegung verbindlicher Termine, Sicherheiten und Zahlungspläne. Vergisst der angehende Immobilienkäufer hier etwas, dann muss er es später als Zusatzleistung beauftragen - und teuer bezahlen!
"In den Musterverträgen", kritisiert Verbraucherschützer Penningh, "fehlen wichtige Details, die der Bauherr individuell entscheidenmuss: Wie hält er es beispielsweise mit den Erfüllungssicherheiten?Welche Weisungsrechte behält sich der Bauherr vor? Und: wann sind welche technischen Abnahmen vorgesehen und wie wird dabei verfahren?"
All diese Details, so die Erfahrung des VPB, können die wenigsten Bauherren selbst entscheiden. Als Laien brauchen sie dazu sowohl bautechnischen als auch baujuristischen Rat. Deshalb rät der VPB allen Käufern schlüsselfertiger Immobilien: Keine Musterverträge aus dem Internet vereinbaren! Bauverträge sollten immer individuell ausgehandelt werden. Nur so kann der Bauherr seine Interessen und Rechte sichern und sich vor unangenehmen und teuren Überraschungen schützen.
"Hinzu kommt noch ein schwerwiegender juristischer Aspekt", warnt Thomas Penningh. Veranlasst ein Bauherr selbst die Verwendung eines Mustervertrags, dann trägt er auch das Risiko, wenn es zum Rechtsstreit kommt. Alle Klauseln, die den Hauskäufer unangemessen benachteiligen, sind dann nämlich weiterhin zu Gunsten des Bauunternehmers wirksam! Der Bauherr verliert den Schutz des Gesetzes vor dem Kleingedruckten, wenn er selbst das Kleingedruckte zum Vertragsinhalt macht. Weitere Informationen beim Verband Privater Bauherren (VPB) e.V. www.vpb.de.
Zum aktuellen Thema befragten wir Thomas Penningh,Vorsitzender des Verbands Privater Bauherren (VPB) :
Frage: Herr Penningh, der VPB warnt vor Musterverträgen aus dem Internet.Warum?
Antwort:
Die Musterverträge wiegen den Hauskäufer in Sicherheit. Er glaubt, damit sei alles abgedeckt. Aber die Musterverträge sind lückenhaft.Wichtige Details werden dort gar nicht erwähnt.
Frage: Welche zum Beispiel?
Antwort:
Das Thema Erfüllungssicherheiten fehlt. Außerdem werden die so genannten Weisungsrechte nicht definiert, und auch zur baubegleitenden Qualitätskontrolle bleiben die Musterverträge klare Regelungen schuldig.
Frage: Was ist daran im Einzelnen so wichtig?
Antwort:
Erfüllungssicherheiten gehören heute zum Verhandlungsprogramm. Dabei handelt es sich um eine bestimmte Summe, die der Käufer zurückbehalten kann, um im Falle einer Insolvenz des Bauunternehmers sein Haus mit anderen Firmen fertig bauen zu können. Ab 2009 hat der private Bauherr einen Anspruch auf diese Sicherheiten, und zwar in Höhe von fünf Prozent des Vergütungsanspruchs. Das heißt, er kann fünf Prozent der Bausumme als Sicherheit einbehalten. Wir beim VPB raten privaten Bauherren darauf auf gar keinen Fall zu verzichten. Im Gegenteil:
Realistischer wäre es, die Erfüllungssicherheiten auf zehn Prozent heraufzusetzen. Das entspricht nämlich dem durchschnittlichen Mehraufwand, der - bei Insolvenz des Bauunternehmers - für die Fertigstellung eines Einfamilienhauses entsteht.
Frage: Und wie verhält es sich mit dem Weisungsrecht?
Antwort:
Auch das sollte der Schlüsselfertighauskäufer unbedingt vertraglich vereinbaren. Denn damit sichert er sich das Recht, einmal erkannte Mängel vom Bauunternehmer gleich beseitigen zu lassen. Hat er kein Weisungsrecht vereinbart, liegt es im Ermessen des Bauunternehmers, wann er den Mangel behebt. Nach unserer Erfahrung als Bauherrenschutzverband lässt sich der Unternehmer im Normalfall dann damit Zeit bis zur Bauabnahme.
Frage: Der VPB warnt immer vor übereilten Abnahmen. Wo liegen die Probleme beim Thema Bauabnahme?
Antwort:
Wir unterscheiden zwischen zwei Fachbegriffen, der rechtsgeschäftlichen Abnahme des Baus nach Fertigstellung und den so genannten technischen Abnahmen. Die rechtsgeschäftliche Abnahme gehört zu den wichtigsten rechtlichen Schritten am Bau. Deshalb muss vertraglich vereinbart werden, dass sie förmlich zu erfolgen hat. Mit dem Tag dieser offiziellen Bauabnahme beginnt nämlich die Gewährleistungsfrist. Ab diesem Zeitpunkt müssen Bauherren dem Bauunternehmer alle Mängel nachweisen. Außerdem gehen mit der offiziellen Bauabnahme auch alle Gefahren und Risiken auf die Bauherren über.
Die technischen Abnahmen wiederum sind keine Abnahmen im rechtlichen Sinne. Dabei geht es vielmehr um die Funktionsprüfung einzelner Baudetails, wie etwa des Heizsystems, während der Bauphase. Das Problem dabei: Die technischen Abnahmen dürfen nicht als so genannte Teilabnahmen deklariert werden. Das muss im Vertrag ausdrücklich geregelt sein! Andernfalls nimmt der Bauherr das Haus nämlich mit jeder technischen Abnahme automatisch auch ein Stück weit offiziell ab. Und damit trägt er die Risiken ohne Schutzmöglichkeiten und setzt schon die Gewährleitungsfrist für den betreffenden Teil in Gang.
Frage: Welche Aspekte fehlen noch in den vom VPB beanstandeten Musterverträgen?
Antwort:
Beispielsweise fehlt in den Mustern der richtige Zeitpunkt für die Pflicht zur Übergabe des Energiebedarfsausweises. Auch das muss vertraglich geregelt werden. Er sollte immer vor Baubeginn ausgehändigt werden. Und zwar, weil nur dann, rechtzeitig vor Baubeginn, noch einmal geprüft werden kann, ob die Berechnungen überhaupt stimmen. Nach VPB-Erfahrung sind nämlich fast 60 Prozent der Energieausweise im Neubau fehlerhaft. Vierzig Prozent der Neubauten entsprechen nicht einmal den Vorschriften der Energieeinsparverordnung! Davor muss sich der Bauherr schützen.