Die Situation der Innungen im Bausektor
Die Auftragslagen
Als „gut bis sehr gut“ bezeichnet Innungsobermeister Andreas Cloer die Auftragssituation seiner Innung (Sanitär-Heizung). Ihm geht es da wie vielen seiner Innungskollegen, die seit dem Ausbruch der Pandemie gespürt haben, dass viele Kunden statt in Urlaubsreisen lieber in die eigene Immobilie investieren. Auch Johannes Wortmann, Innungsmeister der Tischlerinnung aus Balve spricht von einer „sehr guten Auftragslage“. Er freut sich über den guten Zusammenhalt der Tischler, gerade bei den hochwassergeschädigten Betrieben im Märkischen Kreis. Wortmann hebt auch die „gute Vernetzung und hervorragende Hilfe durch Kreishandwerkerschaft und Tischlerverband“ hervor, besonders beim Umgang während der Pandemie.
Lieferprobleme
Für viele Innungsbetriebe läuft es auftragsmäßig so gut, dass sie kaum nachkommen können. Das liegt allerdings nicht nur an der großen Anzahl der Aufträge, sondern vielfach an Störfaktoren, die die Gesamtsituation belasten. Zu einem ist vielfach von Störungen in den Lieferketten zu hören. Die Auftragserledigung hinkt hinterher, weil die benötigten Materialien nicht oder nur mit Zeitverzögerungen geliefert werden können.
Erhöhte Materialkosten
Aber nicht nur die zeitnahe Anlieferung bereitet Probleme, auch die sich dauernd erhöhenden Kosten für das Material, die die Handwerker nicht in gleichem Maße an ihre Kunden weitergeben können und wollen.
Unkalkulierbare Lieferprobleme
Da sich die Lieferprobleme praktisch nicht abschätzen bzw. einplanen lassen können, führt dies zu erheblichen Störungen im Bau- und Tagesablauf. „Vieles Geplantes und Organisiertes funktioniert nicht mehr und es muss viel improvisiert werden“, beklagt Andreas Cloer. Der Innungsobermeister weiß natürlich, dass das zum Leidwesen der Kunden geschieht, muss seine Handwerker allerdings in Schutz nehmen: „Sie sind diejenigen, die die wenigste Schuld daran tragen, wohl aber den Ärger und Verdruss abbekommen. Da bitte ich auch im Namen meiner Kollegen um Verständnis.“ Cloer beklagt außerdem, dass ein partnerschaftliches Agieren am Markt in den vergangenen Monaten vielerorts nicht möglich war. Dabei war es genau diese Einstellung, die die Marktpartner: Hersteller, Handel und das Handwerk über Jahrzehnte hinweg ausgezeichnet hat. „Den Herstellern und unseren Lieferanten würde ich ab und zu mehr Weitblick wünschen“, fügt Cloer hinzu, „denn Bäume, die in den Himmel wachsen gibt es meines Wissens nicht – auch nicht in absehbarer Zeit.“ Die Innungen fürchten, dass das Problem der Materialbeschaffung und der sich ständig erhöhenden Kosten auch noch im Jahr 2022 bestehen wird.
Angespannte Personalsituation
Auch die Mitarbeiter-Situation im Handwerk ist angespannt „und wird wohl auch so bleiben“, bemerkt Cloer. Deshalb sind seiner Meinung nach auch in den kommenden Jahren Kapazitätsengpässe zu befürchten. Johannes Wortmann sorgt sich auch wegen des Fachkräftemangels und fallender Ausbildungszahlen und „auch die Nachfolgersuche ist in vielen Fällen als schwierig anzusehen“. Es wird in Zukunft weniger Handwerker geben, „aber die werden gut ausgelastet sein“, so Wortmann. Johannes Wortmann sieht in der Zukunft die Vorteile der digitalen Technik bei Planung, Fertigung und Kommunikation. „Ob die allgemeine Preisentwicklung im Bausektor nicht dazu führen wird, dass unsere Kunden ihre geplanten Investitionen zurückfahren oder ganz zurück stellen werden bleibt last, but not least weiter zu beobachten“, gibt Cloer zu bedenken. „Denn trotz niedriger Zinsen sind bereits heute viele Baumaßnahmen an der Grenze der Wirtschaftlichkeit angekommen.“ Ingomar Schennen, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Hochsauerland, kann die Aussagen der beiden Obermeister nur unterstreichen und weiß, dass es den anderen Innungen im Bausektor ähnlich geht.
„Die Energiewende lässt ich nur mit dem Handwerk umsetzen“
Mit der Energiewende spricht er ein weiteres Gebiet an: „Das ist ein umfangreiches Thema für alle Gewerke“, so Schennen, „Denn die Energiewende lässt sich nur mit dem Handwerk umsetzen.“ Ob es z. B. um den Handwerker geht, der Photovoltaik-Anlagen installiert, Wärmepumpen einbaut oder das richtige Dämmmaterial verwendet, um Wärmeverluste zu vermeiden.
Beste Zukunftsaussichten
Dass es ohne Handwerker nicht geht, ist wohl allen klar. „Wichtig ist aber auch“, betont Ingomar Schennen, dass mehr junge Menschen in diesen Berufen ausgebildet werden müssen, um Engpässe in Zukunft zu vermeiden.” Und er fährt fort: “Das Handwerk im Bausektor ist und bleibt ein zukunftsträchtiger Markt, deshalb bietet eine Ausbildung in diesem Bereich die Chance auf einen Traumberuf mit besten Zukunftsperspektiven.”
Innungen vertreten die fachlichen Interessen selbständiger Handwerker, sind quasi Nachfolger der Zünfte. Sie beraten ihre Mitglieder in allen rechtlichen, technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen des betrieblichen Alltags. Sie pflegen den Gemeinsinn und die Berufsehre und fördern das gute Verhältnis zwischen Meistern, Gesellen und Auszubildenden. Sie vermitteln bei Streitigkeiten zwischen Handwerksbetrieben und Auftraggebern. Innungen bilden Prüfungsausschüsse und nehmen Gesellenprüfungen ab. Durch Fachschulen und Lehrgänge fördern sie die Handwerker. Die Mitgliedschaft in einer Innung ist freiwillig.