Mehrfamilienhäuser:
Die energetische Modernisierung von Mehrfamilienhäusern soll künftig einfacher werden. Die Bundesregierung plant Änderungen im Mietrecht, Experten bringen den ökologischen Mietspiegel ins Gespräch. Was hält das Jahr 2010 für Vermieter bereit?
Von den 2,7 Millionen Mehrfamilienhäusern in Deutschland sind mehr als drei Viertel sanierungsbedürftig. Doch noch entscheiden sich wenige Vermieter für den Einsatz energieeffizienter Heizsysteme. Von 1,3 Millionen solarthermischen Anlagen sind nur 0,25 Prozent im Mietwohnbereich eingesetzt. Gebremst wird die Modernisierungsbereitschaft durch das Investor-Nutzer-Dilemma: Während der Vermieter die Investition für eine Modernisierung schultert, profitiert der Mieter von der Heizkosteneinsparung. Dies führt nicht zwangsläufig zu einer Benachteiligung des Investors. Über eine Modernisierungsumlage auf die Jahresmiete, die bis zu elf Prozent der Investitionskosten betragen darf, erhält der Investor sein Geld zurück. Gleichzeitig erzielt er mit einer energetischen Sanierung eine erhebliche Wertsteigerung seiner Immobilie auf dem Wohnungsmarkt. Der Mieter wiederum muss trotz der steigenden Kaltmiete keine Mehrbelastung fürchten, da die Heizkosten sinken. Bis zu 30 Prozent kann die Einsparung betragen, wenn z. B. ein solarunterstütztes Heizsystem installiert wird.
Mehr Flexibilität im Mietrecht
Viel schwerer als die Investitionskosten wiegt dagegen das von Eigentümerverbänden als zu starr beklagte Mietrecht. Hier verspricht die Bundesregierung Abhilfe: Um noch mehr Investitionsanreize für Vermieter zu schaffen, sollen Mieter künftig während einer energetischen Modernisierung keinen Anspruch mehr auf Mietminderung haben. Der vom Deutschen Mieterbund scharf kritisierte Vorschlag wird durch eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) gestützt, die den Ausschluss der Mietminderung für zumutbar hält. Voraussetzung: Die Modernisierung ist auf wenige Monate begrenzt und erfolgt außerhalb der Heizperiode. Für Diskussionsstoff sorgt auch die zweite Empfehlung der UBA-Studie: Mit der Einführung des sogenannten "ökologischen Mietspiegels" soll in Zukunft die energetische Beschaffenheit von Wohngebäuden bei der Vergleichsmiete berücksichtigt werden.
Patentrezept ökologischer Mietspiegel?
Der ökologische Mietspiegel wurde erstmals 2003 in Darmstadt eingeführt und hat dort laut dem Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) die Rahmenbedingungen für energetische Modernisierungen nachhaltig verbessert. Dennoch findet die Idee nicht nur Anhänger. Denn für den ökologischen Mietspiegel werden Daten aus den Energieausweisen benötigt - keine verlockende Aussicht für Besitzer von Energieschleudern. So ist beispielsweise in Hamburg Ende 2009 die Einführung eines Öko-Mietspiegels daran gescheitert, dass viele Vermieter die notwendigen Daten aus den Energieausweisen nicht preisgeben wollten. Ihr Argument: Mieter interessieren sich weniger für die Energiekosten als für Lage, Größe und Preis einer Immobilie. Eine aktuelle Emnid-Umfrage im Auftrag des Solarheizsystemherstellers Solvis belegt jedoch das Gegenteil. So machen 64 Prozent der Befragten ihre Entscheidung für die Anmietung oder den Kauf einer Immobilie wesentlich von den Energiekosten abhängig. Von einem entsprechend erweiterten Mietspiegel profitieren letztlich beide Seiten, wie Karsten Woelk von Solvis erklärt. "Der ökologische Mietspiegel zeigt auf, wie eine Kaltmietenerhöhung zustande kam, nämlich durch die Umlegung der Modernisierungskosten. Weil der Mieter neben einer höheren Kaltmiete aber auch entsprechend niedrigere Heizkosten zahlt, muss der Vermieter keine Einbuße der Attraktivität fürchten", so Woelk.
Quelle: Solvis