Es ist nicht erst ein Phänomen des einsetzenden Klimawandels. Seit Jahrhunderten kämpfen die um Umfeld der Flüsse lebenden Menschen mit Hochwasser. Der Klimawandel hat den Trend zu Hochwasserkatastrophen aber deutlich verstärkt - wie zuletzt bei den verheerenden Ausmaßen im Juli 2021. Technische Maßnahmen wie Dämme, Deiche oder Flutpolder spielen im Kampf gegen die Wassermassen eine bedeutende Rolle. Seit rund 20 Jahren werden diese Maßnahmen durch die Renaturierung der Flüsse wirksam ergänzt: Den Gewässern wird wieder der maximal mögliche Platz gegeben, sie füllen in kürzester Zeit den gewonnenen Platz mit Leben und leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser. Ein (bundesweiter) Vorreiter ist Arnsberg mit der Renaturierung der Ruhr im Stadtgebiet. Die Ruhr ist wieder „wild“, aus dem lange „vergessenen“ Fluss ist auf faszinierende Weise eine naturnahe, ökologisch blühende Flusslandschaft mitten in der Stadt mit Modellcharakter nicht nur fürs Sauerland entstanden. 

Text: Paul Senske
Fotos:   Georg Hennecke 

Maßnahmen der Stadt Arnsberg

„Wir haben uns früh auf den Weg gemacht“, erklärt Dieter Hammerschmidt, Fachdienstleiter Umwelt und Ressourcenschutz der Stadt Arnsberg. Die im Jahr 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie („Alle Gewässer in einem guten Zustand“), das Konzept zur naturnahen Erholung der oberen Ruhr der Bezirksregierung sowie der Hochwasseraktionsplan Ruhr des Landes (Hochwasserrisikomanagement-Pläne) waren maßgebend für den 2003 beginnenden Weg mit der Realisierung der zukunftsweisenden Projekte. „Wir sahen die Chance, die Ruhr im Stadtgebiet ökologisch aufzuwerten und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten.“ Die Ruhr, damals begradigt, verbaut, kaum erlebbar und eher ein „Vorflutkanal“, schlängelt sich über eine Strecke von 33 km durchs Stadtgebiet, insgesamt beträgt die Gewässerlänge 219 km von der Ruhrquelle bis Duisburg-Ruhrort.  

Eine Zahl im Hochwasser-Aktionsplan sorgte für Aufsehen: 50 Prozent aller Hochwasserschäden im gesamten Streckenverlauf der Ruhr verzeichnete Arnsberg. Handlungsbedarf war angesagt. Zahlreiche Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und zur Optimierung der Gewässerstrukturen, auch der Möhne, wurden umgesetzt – dadurch verbesserte sich auch der Hochwasserschutz der Stadt deutlich. „Vier der sieben kritischen Bereiche wurden durch Renaturierungsmaßnahmen entschärft, ein fünfter Bereich ist momentan in der Planungsphase. Bei zwei Bereichen helfen ausschließlich technische Maßnahmen“, so Hammerschmidt weiter. Bisher sind 15 km renaturiert. Seit 2009 werden ausgewählte Maßnahmen durch ein Untersuchungsprogramm begleitet und dokumentiert. Ein bemerkenswerter „Nebeneffekt“ zeigte sich im Neheimer Binnerfeld: Durch das Absenken der Wasserstände in der Ruhr in diesem Bereich steigt das Grundwasser im Binnerfeld bei Hochwasser nicht so stark hoch wie früher – die Keller der Häuser sind besser geschützt.  

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Erfolge der Renaturierung 

Beim Hochwasser 2021 ist Arnsberg glimpflich davongekommen. Ein „Ausreißer“ war der Sportplatz in Arnsberg-Müschede: Die Röhr zerstörte den Kunstrasen. Durch technische Maßnahmen und Renaturierung in diesem Bereich soll die Röhr jetzt breiter und entschärft werden. Im Übrigen gestaltete sich der Hochwasserschutz kostenlos: 80 bis 90 Prozent steuert(e) das Land bei, der städtische Eigenanteil wurde als ökologische Ausgleichsmaßnahme anerkannt. Rund 16 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben.  

Durch die Renaturierung „blüht“ die wilde Ruhr buchstäblich auf, sie ist vom Landschaftsbild attraktiv, erlebbar und lockt die Menschen an. Das Wasser-Ökosystem funktioniert auf beeindruckende Weise. Die Fischbestände haben sich positiv entwickelt. Nasse und Quappe haben sich nach 100 Jahren wieder angesiedelt. Der Eisvogel und die Wasseramsel sind wieder zu sehen, der Gänsesäger – früher nur als Wintervogel - ist wieder da. Forscher der Uni Duisburg/Essen haben Laufkäfer in der Ruhr entdeckt und 13 Käferarten gefunden, die auf der roten Liste stehen.  

Renaturierung aus der Luft

Renaturierung in der Gemeinde Bestwig

Ähnliche positive Erfahrungen macht auch die Gemeinde Bestwig mit der Renaturierung der oberen Ruhr im Bereich Hennenohl/Im Hachenloh. 2014 erfolgte der erste Abschnitt auf einem 7,5 Hektar großen Areal, in diesem Jahr soll die Renaturierung „Hennenohl II“ erfolgen. Die Natur bekommt Raum, sich selbst zu entwickeln. Das Flussbett sucht sich selbst seinen Weg, es bilden sich kleine Inseln, auch hier wird die Ruhr wieder erlebbar und zieht die Menschen an. Zudem wird der dezentrale Hochwasserschutz wesentlich verbessert. „Deutlich mehr Überflutungsbereiche können bei Starkregen große Mengen an Wasser aufnehmen“, erklärt Bürgermeister Ralf Péus.  

Bestwig hat zudem eine Reihe weiterer, kleinerer Projekte realisiert. Die Elpe wurde in Ostwig renaturiert, ebenso die Ruhrauenfläche „Hinter Hegershof“ in Velmede. Ein ehemaliges Mühlenwerk in der Elpe in Ostwig wurde zurückgebaut. Weiterhin entstand an der Wehranlage in Nuttlar ein Umgehungsring, die Auenrenaturierung „Sündenwäldchen“ ist ebenso abgeschlossen wie der „Fischaufstieg Busch“ in Bestwig und die Renaturierungsmaßnahme „Öhler-Wehr“ in Velmede. In Ramsbeck freuen sich die Einwohner über die renaturierte Valme, die sich jetzt als „lebendiger Fluss“ präsentiert. 

Die Ruhr bei Meschede

Auch in weiteren Kommunen des Sauerlandes steht das Thema „Renaturierung/Hochwasserschutz“ inzwischen hoch im Kurs. In Meschede ist die Ruhr zwischen Coventry-Brücke und Schwimmbad renaturiert, die Henne (Öffnung des Hennedeckels/Regionale) und Errichtung des Henneparks 2013 haben Meschede „belebt“. Zudem wurde der Fluss zwischen Hennesee und Hennepark vor Jahren renaturiert. Auch in den Stadtteilen und deren Umfeld wurde der Hochwasserschutz verstärkt. Zudem erfolgte die Bildung eines Starkregenrisiko-Managements.  

 

Entfesselte Diemel

Im Bereich Marsberg wurde u. a. die Diemel auf einer Länge von 600 Metern „entfesselt“. Die Devise: Schluss mit der „Wasser-Autobahn“. Der Erfolg stellte sich schnell ein: Bei einer Kontrolle des Fischbestandes wurden vor drei Jahren Elritzen und Äsche Larven gesichtet. Weitere Renaturierungsmaßnahmen befinden sich in der Planung.  

 

“Wiedervernässung” in Brilon

In Brilon ist die Fördermaßnahme „Wiedervernässung“ Kloßsiepen zur Schaffung eines siedlungsnahen Naturerlebnisraumes nördlich von Scharfenberg abgeschlossen. Der Kloßsiepen wird wieder in den Taltiefpunkt verlegt und der künstlich begradigte Gewässerverlauf mit Aufschüttungsboden aus dem Möhnetal wieder verfüllt. Das Gewässer hat damit 300 Meter Fließweg hinzugewonnen. 

Hochwasser in Sundern 

In Sundern, 2021 durch das Sorpe-Hochwasser arg gebeutelt, wird an der Schaffung von Retentionsräumen gearbeitet. Dafür sind u. a. Grunderwerbsverhandlungen nötig, die einen längeren Zeitraum erforderlich machen. Ein Arbeitskreis Hochwasser existiert seit dem Starkregen 2007. 

Renaturierung des Ruhrbogens 

In Planung ist die Renaturierung des Ruhrbogens bei Haus Füchten (Hünningen/Waltringen). Es geht um die Verbreiterung des Flussbettes und die Befreiung von massiven Steinschüttungen. Die angrenzende, landwirtschaftliche Nutzfläche würde um rund 30 Hektar schrumpfen. Verhandlungen mit den Pächtern stehen derzeit auf der Tagesordnung.  

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Grüne Mineralöle GmbH & Co. KG

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Platz für die Bache in Hirschberg 

In Hirschberg (Stadt Warstein) wird das Gelände des ehemaligen Freibades zurückgebaut. Ziel ist die Renaturierung des Flusses Bache und damit die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.  

Dass die Renaturierungsmaßnahmen zu Beginn nicht überall auf Begeisterung stießen, verdeutlicht Dieter Hammerschmidt. „Teilweise war die Skepsis auf den Bürgerversammlungen groß. Heute freuen sich die Menschen aber über die Renaturierung der Ruhr, über die Attraktivität des Flusses, den Naherholungswert und den verbesserten Schutz bei Starkregen bzw. Hochwasser.“ Auch die Stadt Arnsberg darf sich freuen:  Als einzige Kommune ist sie auf einer Videoplattform des Bundesumweltamtes mit dem Thema Renaturierung vertreten. 

Technischer Hochwasserschutz 

Der technische Hochwasserschutz ist natürlich von großer Bedeutung und weitgehend Standard. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die je nach Situation infrage kommen. Für die Hochwasserschutz-Experten ist eine Kombination technischer Hochwasserschutz und Renaturierung sehr effektiv.  

Deiche, Dämme und Mauern gehören zum Standard-Repertoire. Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteräume neben Füssen. In die Rückhalteräume wird bei extremem Hochwasser gezielt Wasser gezielt geleitet wird. Ein Flutpolder besteht u. a. aus einem unbesiedelten Rückhalteraum, der durch Deiche begrenzt ist.   

Talsperren wie die Möhne, Sorpe, Henne und Diemel erfüllen bei Hochwasser eine wichtige Funktion. Sie halten ein Rückhaltevolumen für Hochwasser vor und geben – je nach Situation – gezielt Wasser ab. 

Retentionsflächen sind neben einem Fluss zumeist tiefer liegende Flächen, die im Falle eines Hochwassers als Überflutungsfläche genutzt werden können. Hochwasserrückhaltebecken sind Stauanlagen, die vor allem die Abflussmenge eines Flusses bei Hochwasser reguliert. Dabei wird zunächst die Hochwasserwelle gedämpft, dann zwischengelagert und nach dem Hochwasser wieder abgeführt. 

Immer auf dem Laufenden

Neues und Lesenswertes im Sauerland

Es ist nicht erst ein Phänomen des einsetzenden Klimawandels. Seit Jahrhunderten kämpfen die um Umfeld der Flüsse lebenden Menschen mit Hochwasser. Der Klimawandel hat den Trend zu Hochwasserkatastrophen aber deutlich verstärkt - wie zuletzt bei den verheerenden Ausmaßen im Juli 2021. Technische Maßnahmen wie Dämme, Deiche oder Flutpolder spielen im Kampf gegen die Wassermassen eine bedeutende Rolle. Seit rund 20 Jahren werden diese Maßnahmen durch die Renaturierung der Flüsse wirksam ergänzt: Den Gewässern wird wieder der maximal mögliche Platz gegeben, sie füllen in kürzester Zeit den gewonnenen Platz mit Leben und leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser. Ein (bundesweiter) Vorreiter ist Arnsberg mit der Renaturierung der Ruhr im Stadtgebiet. Die Ruhr ist wieder „wild“, aus dem lange „vergessenen“ Fluss ist auf faszinierende Weise eine naturnahe, ökologisch blühende Flusslandschaft mitten in der Stadt mit Modellcharakter nicht nur fürs Sauerland entstanden. 

Text: Paul Senske
Fotos:   Georg Hennecke 

Maßnahmen der Stadt Arnsberg

„Wir haben uns früh auf den Weg gemacht“, erklärt Dieter Hammerschmidt, Fachdienstleiter Umwelt und Ressourcenschutz der Stadt Arnsberg. Die im Jahr 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie („Alle Gewässer in einem guten Zustand“), das Konzept zur naturnahen Erholung der oberen Ruhr der Bezirksregierung sowie der Hochwasseraktionsplan Ruhr des Landes (Hochwasserrisikomanagement-Pläne) waren maßgebend für den 2003 beginnenden Weg mit der Realisierung der zukunftsweisenden Projekte. „Wir sahen die Chance, die Ruhr im Stadtgebiet ökologisch aufzuwerten und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten.“ Die Ruhr, damals begradigt, verbaut, kaum erlebbar und eher ein „Vorflutkanal“, schlängelt sich über eine Strecke von 33 km durchs Stadtgebiet, insgesamt beträgt die Gewässerlänge 219 km von der Ruhrquelle bis Duisburg-Ruhrort.  

Eine Zahl im Hochwasser-Aktionsplan sorgte für Aufsehen: 50 Prozent aller Hochwasserschäden im gesamten Streckenverlauf der Ruhr verzeichnete Arnsberg. Handlungsbedarf war angesagt. Zahlreiche Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und zur Optimierung der Gewässerstrukturen, auch der Möhne, wurden umgesetzt – dadurch verbesserte sich auch der Hochwasserschutz der Stadt deutlich. „Vier der sieben kritischen Bereiche wurden durch Renaturierungsmaßnahmen entschärft, ein fünfter Bereich ist momentan in der Planungsphase. Bei zwei Bereichen helfen ausschließlich technische Maßnahmen“, so Hammerschmidt weiter. Bisher sind 15 km renaturiert. Seit 2009 werden ausgewählte Maßnahmen durch ein Untersuchungsprogramm begleitet und dokumentiert. Ein bemerkenswerter „Nebeneffekt“ zeigte sich im Neheimer Binnerfeld: Durch das Absenken der Wasserstände in der Ruhr in diesem Bereich steigt das Grundwasser im Binnerfeld bei Hochwasser nicht so stark hoch wie früher – die Keller der Häuser sind besser geschützt.  

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Erfolge der Renaturierung 

Beim Hochwasser 2021 ist Arnsberg glimpflich davongekommen. Ein „Ausreißer“ war der Sportplatz in Arnsberg-Müschede: Die Röhr zerstörte den Kunstrasen. Durch technische Maßnahmen und Renaturierung in diesem Bereich soll die Röhr jetzt breiter und entschärft werden. Im Übrigen gestaltete sich der Hochwasserschutz kostenlos: 80 bis 90 Prozent steuert(e) das Land bei, der städtische Eigenanteil wurde als ökologische Ausgleichsmaßnahme anerkannt. Rund 16 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben.  

Durch die Renaturierung „blüht“ die wilde Ruhr buchstäblich auf, sie ist vom Landschaftsbild attraktiv, erlebbar und lockt die Menschen an. Das Wasser-Ökosystem funktioniert auf beeindruckende Weise. Die Fischbestände haben sich positiv entwickelt. Nasse und Quappe haben sich nach 100 Jahren wieder angesiedelt. Der Eisvogel und die Wasseramsel sind wieder zu sehen, der Gänsesäger – früher nur als Wintervogel - ist wieder da. Forscher der Uni Duisburg/Essen haben Laufkäfer in der Ruhr entdeckt und 13 Käferarten gefunden, die auf der roten Liste stehen.  

Renaturierung aus der Luft

Renaturierung in der Gemeinde Bestwig

Ähnliche positive Erfahrungen macht auch die Gemeinde Bestwig mit der Renaturierung der oberen Ruhr im Bereich Hennenohl/Im Hachenloh. 2014 erfolgte der erste Abschnitt auf einem 7,5 Hektar großen Areal, in diesem Jahr soll die Renaturierung „Hennenohl II“ erfolgen. Die Natur bekommt Raum, sich selbst zu entwickeln. Das Flussbett sucht sich selbst seinen Weg, es bilden sich kleine Inseln, auch hier wird die Ruhr wieder erlebbar und zieht die Menschen an. Zudem wird der dezentrale Hochwasserschutz wesentlich verbessert. „Deutlich mehr Überflutungsbereiche können bei Starkregen große Mengen an Wasser aufnehmen“, erklärt Bürgermeister Ralf Péus.  

Bestwig hat zudem eine Reihe weiterer, kleinerer Projekte realisiert. Die Elpe wurde in Ostwig renaturiert, ebenso die Ruhrauenfläche „Hinter Hegershof“ in Velmede. Ein ehemaliges Mühlenwerk in der Elpe in Ostwig wurde zurückgebaut. Weiterhin entstand an der Wehranlage in Nuttlar ein Umgehungsring, die Auenrenaturierung „Sündenwäldchen“ ist ebenso abgeschlossen wie der „Fischaufstieg Busch“ in Bestwig und die Renaturierungsmaßnahme „Öhler-Wehr“ in Velmede. In Ramsbeck freuen sich die Einwohner über die renaturierte Valme, die sich jetzt als „lebendiger Fluss“ präsentiert. 

Die Ruhr bei Meschede

Auch in weiteren Kommunen des Sauerlandes steht das Thema „Renaturierung/Hochwasserschutz“ inzwischen hoch im Kurs. In Meschede ist die Ruhr zwischen Coventry-Brücke und Schwimmbad renaturiert, die Henne (Öffnung des Hennedeckels/Regionale) und Errichtung des Henneparks 2013 haben Meschede „belebt“. Zudem wurde der Fluss zwischen Hennesee und Hennepark vor Jahren renaturiert. Auch in den Stadtteilen und deren Umfeld wurde der Hochwasserschutz verstärkt. Zudem erfolgte die Bildung eines Starkregenrisiko-Managements.  

 

Entfesselte Diemel

Im Bereich Marsberg wurde u. a. die Diemel auf einer Länge von 600 Metern „entfesselt“. Die Devise: Schluss mit der „Wasser-Autobahn“. Der Erfolg stellte sich schnell ein: Bei einer Kontrolle des Fischbestandes wurden vor drei Jahren Elritzen und Äsche Larven gesichtet. Weitere Renaturierungsmaßnahmen befinden sich in der Planung.  

 

“Wiedervernässung” in Brilon

In Brilon ist die Fördermaßnahme „Wiedervernässung“ Kloßsiepen zur Schaffung eines siedlungsnahen Naturerlebnisraumes nördlich von Scharfenberg abgeschlossen. Der Kloßsiepen wird wieder in den Taltiefpunkt verlegt und der künstlich begradigte Gewässerverlauf mit Aufschüttungsboden aus dem Möhnetal wieder verfüllt. Das Gewässer hat damit 300 Meter Fließweg hinzugewonnen. 

Hochwasser in Sundern 

In Sundern, 2021 durch das Sorpe-Hochwasser arg gebeutelt, wird an der Schaffung von Retentionsräumen gearbeitet. Dafür sind u. a. Grunderwerbsverhandlungen nötig, die einen längeren Zeitraum erforderlich machen. Ein Arbeitskreis Hochwasser existiert seit dem Starkregen 2007. 

Renaturierung des Ruhrbogens 

In Planung ist die Renaturierung des Ruhrbogens bei Haus Füchten (Hünningen/Waltringen). Es geht um die Verbreiterung des Flussbettes und die Befreiung von massiven Steinschüttungen. Die angrenzende, landwirtschaftliche Nutzfläche würde um rund 30 Hektar schrumpfen. Verhandlungen mit den Pächtern stehen derzeit auf der Tagesordnung.  

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Platz für die Bache in Hirschberg 

In Hirschberg (Stadt Warstein) wird das Gelände des ehemaligen Freibades zurückgebaut. Ziel ist die Renaturierung des Flusses Bache und damit die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.  

Dass die Renaturierungsmaßnahmen zu Beginn nicht überall auf Begeisterung stießen, verdeutlicht Dieter Hammerschmidt. „Teilweise war die Skepsis auf den Bürgerversammlungen groß. Heute freuen sich die Menschen aber über die Renaturierung der Ruhr, über die Attraktivität des Flusses, den Naherholungswert und den verbesserten Schutz bei Starkregen bzw. Hochwasser.“ Auch die Stadt Arnsberg darf sich freuen:  Als einzige Kommune ist sie auf einer Videoplattform des Bundesumweltamtes mit dem Thema Renaturierung vertreten. 

Technischer Hochwasserschutz 

Der technische Hochwasserschutz ist natürlich von großer Bedeutung und weitgehend Standard. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die je nach Situation infrage kommen. Für die Hochwasserschutz-Experten ist eine Kombination technischer Hochwasserschutz und Renaturierung sehr effektiv.  

Deiche, Dämme und Mauern gehören zum Standard-Repertoire. Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteräume neben Füssen. In die Rückhalteräume wird bei extremem Hochwasser gezielt Wasser gezielt geleitet wird. Ein Flutpolder besteht u. a. aus einem unbesiedelten Rückhalteraum, der durch Deiche begrenzt ist.   

Talsperren wie die Möhne, Sorpe, Henne und Diemel erfüllen bei Hochwasser eine wichtige Funktion. Sie halten ein Rückhaltevolumen für Hochwasser vor und geben – je nach Situation – gezielt Wasser ab. 

Retentionsflächen sind neben einem Fluss zumeist tiefer liegende Flächen, die im Falle eines Hochwassers als Überflutungsfläche genutzt werden können. Hochwasserrückhaltebecken sind Stauanlagen, die vor allem die Abflussmenge eines Flusses bei Hochwasser reguliert. Dabei wird zunächst die Hochwasserwelle gedämpft, dann zwischengelagert und nach dem Hochwasser wieder abgeführt. 

Es ist nicht erst ein Phänomen des einsetzenden Klimawandels. Seit Jahrhunderten kämpfen die um Umfeld der Flüsse lebenden Menschen mit Hochwasser. Der Klimawandel hat den Trend zu Hochwasserkatastrophen aber deutlich verstärkt - wie zuletzt bei den verheerenden Ausmaßen im Juli 2021. Technische Maßnahmen wie Dämme, Deiche oder Flutpolder spielen im Kampf gegen die Wassermassen eine bedeutende Rolle. Seit rund 20 Jahren werden diese Maßnahmen durch die Renaturierung der Flüsse wirksam ergänzt: Den Gewässern wird wieder der maximal mögliche Platz gegeben, sie füllen in kürzester Zeit den gewonnenen Platz mit Leben und leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser. Ein (bundesweiter) Vorreiter ist Arnsberg mit der Renaturierung der Ruhr im Stadtgebiet. Die Ruhr ist wieder „wild“, aus dem lange „vergessenen“ Fluss ist auf faszinierende Weise eine naturnahe, ökologisch blühende Flusslandschaft mitten in der Stadt mit Modellcharakter nicht nur fürs Sauerland entstanden. 

Text: Paul Senske
Fotos:   Georg Hennecke 

Maßnahmen der Stadt Arnsberg

„Wir haben uns früh auf den Weg gemacht“, erklärt Dieter Hammerschmidt, Fachdienstleiter Umwelt und Ressourcenschutz der Stadt Arnsberg. Die im Jahr 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie („Alle Gewässer in einem guten Zustand“), das Konzept zur naturnahen Erholung der oberen Ruhr der Bezirksregierung sowie der Hochwasseraktionsplan Ruhr des Landes (Hochwasserrisikomanagement-Pläne) waren maßgebend für den 2003 beginnenden Weg mit der Realisierung der zukunftsweisenden Projekte. „Wir sahen die Chance, die Ruhr im Stadtgebiet ökologisch aufzuwerten und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten.“ Die Ruhr, damals begradigt, verbaut, kaum erlebbar und eher ein „Vorflutkanal“, schlängelt sich über eine Strecke von 33 km durchs Stadtgebiet, insgesamt beträgt die Gewässerlänge 219 km von der Ruhrquelle bis Duisburg-Ruhrort.  

Eine Zahl im Hochwasser-Aktionsplan sorgte für Aufsehen: 50 Prozent aller Hochwasserschäden im gesamten Streckenverlauf der Ruhr verzeichnete Arnsberg. Handlungsbedarf war angesagt. Zahlreiche Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und zur Optimierung der Gewässerstrukturen, auch der Möhne, wurden umgesetzt – dadurch verbesserte sich auch der Hochwasserschutz der Stadt deutlich. „Vier der sieben kritischen Bereiche wurden durch Renaturierungsmaßnahmen entschärft, ein fünfter Bereich ist momentan in der Planungsphase. Bei zwei Bereichen helfen ausschließlich technische Maßnahmen“, so Hammerschmidt weiter. Bisher sind 15 km renaturiert. Seit 2009 werden ausgewählte Maßnahmen durch ein Untersuchungsprogramm begleitet und dokumentiert. Ein bemerkenswerter „Nebeneffekt“ zeigte sich im Neheimer Binnerfeld: Durch das Absenken der Wasserstände in der Ruhr in diesem Bereich steigt das Grundwasser im Binnerfeld bei Hochwasser nicht so stark hoch wie früher – die Keller der Häuser sind besser geschützt.  

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Erfolge der Renaturierung 

Beim Hochwasser 2021 ist Arnsberg glimpflich davongekommen. Ein „Ausreißer“ war der Sportplatz in Arnsberg-Müschede: Die Röhr zerstörte den Kunstrasen. Durch technische Maßnahmen und Renaturierung in diesem Bereich soll die Röhr jetzt breiter und entschärft werden. Im Übrigen gestaltete sich der Hochwasserschutz kostenlos: 80 bis 90 Prozent steuert(e) das Land bei, der städtische Eigenanteil wurde als ökologische Ausgleichsmaßnahme anerkannt. Rund 16 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben.  

Durch die Renaturierung „blüht“ die wilde Ruhr buchstäblich auf, sie ist vom Landschaftsbild attraktiv, erlebbar und lockt die Menschen an. Das Wasser-Ökosystem funktioniert auf beeindruckende Weise. Die Fischbestände haben sich positiv entwickelt. Nasse und Quappe haben sich nach 100 Jahren wieder angesiedelt. Der Eisvogel und die Wasseramsel sind wieder zu sehen, der Gänsesäger – früher nur als Wintervogel - ist wieder da. Forscher der Uni Duisburg/Essen haben Laufkäfer in der Ruhr entdeckt und 13 Käferarten gefunden, die auf der roten Liste stehen.  

Renaturierung aus der Luft

Renaturierung in der Gemeinde Bestwig

Ähnliche positive Erfahrungen macht auch die Gemeinde Bestwig mit der Renaturierung der oberen Ruhr im Bereich Hennenohl/Im Hachenloh. 2014 erfolgte der erste Abschnitt auf einem 7,5 Hektar großen Areal, in diesem Jahr soll die Renaturierung „Hennenohl II“ erfolgen. Die Natur bekommt Raum, sich selbst zu entwickeln. Das Flussbett sucht sich selbst seinen Weg, es bilden sich kleine Inseln, auch hier wird die Ruhr wieder erlebbar und zieht die Menschen an. Zudem wird der dezentrale Hochwasserschutz wesentlich verbessert. „Deutlich mehr Überflutungsbereiche können bei Starkregen große Mengen an Wasser aufnehmen“, erklärt Bürgermeister Ralf Péus.  

Bestwig hat zudem eine Reihe weiterer, kleinerer Projekte realisiert. Die Elpe wurde in Ostwig renaturiert, ebenso die Ruhrauenfläche „Hinter Hegershof“ in Velmede. Ein ehemaliges Mühlenwerk in der Elpe in Ostwig wurde zurückgebaut. Weiterhin entstand an der Wehranlage in Nuttlar ein Umgehungsring, die Auenrenaturierung „Sündenwäldchen“ ist ebenso abgeschlossen wie der „Fischaufstieg Busch“ in Bestwig und die Renaturierungsmaßnahme „Öhler-Wehr“ in Velmede. In Ramsbeck freuen sich die Einwohner über die renaturierte Valme, die sich jetzt als „lebendiger Fluss“ präsentiert. 

Die Ruhr bei Meschede

Auch in weiteren Kommunen des Sauerlandes steht das Thema „Renaturierung/Hochwasserschutz“ inzwischen hoch im Kurs. In Meschede ist die Ruhr zwischen Coventry-Brücke und Schwimmbad renaturiert, die Henne (Öffnung des Hennedeckels/Regionale) und Errichtung des Henneparks 2013 haben Meschede „belebt“. Zudem wurde der Fluss zwischen Hennesee und Hennepark vor Jahren renaturiert. Auch in den Stadtteilen und deren Umfeld wurde der Hochwasserschutz verstärkt. Zudem erfolgte die Bildung eines Starkregenrisiko-Managements.  

 

Entfesselte Diemel

Im Bereich Marsberg wurde u. a. die Diemel auf einer Länge von 600 Metern „entfesselt“. Die Devise: Schluss mit der „Wasser-Autobahn“. Der Erfolg stellte sich schnell ein: Bei einer Kontrolle des Fischbestandes wurden vor drei Jahren Elritzen und Äsche Larven gesichtet. Weitere Renaturierungsmaßnahmen befinden sich in der Planung.  

 

“Wiedervernässung” in Brilon

In Brilon ist die Fördermaßnahme „Wiedervernässung“ Kloßsiepen zur Schaffung eines siedlungsnahen Naturerlebnisraumes nördlich von Scharfenberg abgeschlossen. Der Kloßsiepen wird wieder in den Taltiefpunkt verlegt und der künstlich begradigte Gewässerverlauf mit Aufschüttungsboden aus dem Möhnetal wieder verfüllt. Das Gewässer hat damit 300 Meter Fließweg hinzugewonnen. 

Hochwasser in Sundern 

In Sundern, 2021 durch das Sorpe-Hochwasser arg gebeutelt, wird an der Schaffung von Retentionsräumen gearbeitet. Dafür sind u. a. Grunderwerbsverhandlungen nötig, die einen längeren Zeitraum erforderlich machen. Ein Arbeitskreis Hochwasser existiert seit dem Starkregen 2007. 

Renaturierung des Ruhrbogens 

In Planung ist die Renaturierung des Ruhrbogens bei Haus Füchten (Hünningen/Waltringen). Es geht um die Verbreiterung des Flussbettes und die Befreiung von massiven Steinschüttungen. Die angrenzende, landwirtschaftliche Nutzfläche würde um rund 30 Hektar schrumpfen. Verhandlungen mit den Pächtern stehen derzeit auf der Tagesordnung.  

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Platz für die Bache in Hirschberg 

In Hirschberg (Stadt Warstein) wird das Gelände des ehemaligen Freibades zurückgebaut. Ziel ist die Renaturierung des Flusses Bache und damit die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.  

Dass die Renaturierungsmaßnahmen zu Beginn nicht überall auf Begeisterung stießen, verdeutlicht Dieter Hammerschmidt. „Teilweise war die Skepsis auf den Bürgerversammlungen groß. Heute freuen sich die Menschen aber über die Renaturierung der Ruhr, über die Attraktivität des Flusses, den Naherholungswert und den verbesserten Schutz bei Starkregen bzw. Hochwasser.“ Auch die Stadt Arnsberg darf sich freuen:  Als einzige Kommune ist sie auf einer Videoplattform des Bundesumweltamtes mit dem Thema Renaturierung vertreten. 

Technischer Hochwasserschutz 

Der technische Hochwasserschutz ist natürlich von großer Bedeutung und weitgehend Standard. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die je nach Situation infrage kommen. Für die Hochwasserschutz-Experten ist eine Kombination technischer Hochwasserschutz und Renaturierung sehr effektiv.  

Deiche, Dämme und Mauern gehören zum Standard-Repertoire. Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteräume neben Füssen. In die Rückhalteräume wird bei extremem Hochwasser gezielt Wasser gezielt geleitet wird. Ein Flutpolder besteht u. a. aus einem unbesiedelten Rückhalteraum, der durch Deiche begrenzt ist.   

Talsperren wie die Möhne, Sorpe, Henne und Diemel erfüllen bei Hochwasser eine wichtige Funktion. Sie halten ein Rückhaltevolumen für Hochwasser vor und geben – je nach Situation – gezielt Wasser ab. 

Retentionsflächen sind neben einem Fluss zumeist tiefer liegende Flächen, die im Falle eines Hochwassers als Überflutungsfläche genutzt werden können. Hochwasserrückhaltebecken sind Stauanlagen, die vor allem die Abflussmenge eines Flusses bei Hochwasser reguliert. Dabei wird zunächst die Hochwasserwelle gedämpft, dann zwischengelagert und nach dem Hochwasser wieder abgeführt. 

Es ist nicht erst ein Phänomen des einsetzenden Klimawandels. Seit Jahrhunderten kämpfen die um Umfeld der Flüsse lebenden Menschen mit Hochwasser. Der Klimawandel hat den Trend zu Hochwasserkatastrophen aber deutlich verstärkt - wie zuletzt bei den verheerenden Ausmaßen im Juli 2021. Technische Maßnahmen wie Dämme, Deiche oder Flutpolder spielen im Kampf gegen die Wassermassen eine bedeutende Rolle. Seit rund 20 Jahren werden diese Maßnahmen durch die Renaturierung der Flüsse wirksam ergänzt: Den Gewässern wird wieder der maximal mögliche Platz gegeben, sie füllen in kürzester Zeit den gewonnenen Platz mit Leben und leisten einen wichtigen Beitrag zum Schutz vor Hochwasser. Ein (bundesweiter) Vorreiter ist Arnsberg mit der Renaturierung der Ruhr im Stadtgebiet. Die Ruhr ist wieder „wild“, aus dem lange „vergessenen“ Fluss ist auf faszinierende Weise eine naturnahe, ökologisch blühende Flusslandschaft mitten in der Stadt mit Modellcharakter nicht nur fürs Sauerland entstanden. 

Text: Paul Senske
Fotos:   Georg Hennecke 

Maßnahmen der Stadt Arnsberg

„Wir haben uns früh auf den Weg gemacht“, erklärt Dieter Hammerschmidt, Fachdienstleiter Umwelt und Ressourcenschutz der Stadt Arnsberg. Die im Jahr 2000 in Kraft getretene EU-Wasserrahmenrichtlinie („Alle Gewässer in einem guten Zustand“), das Konzept zur naturnahen Erholung der oberen Ruhr der Bezirksregierung sowie der Hochwasseraktionsplan Ruhr des Landes (Hochwasserrisikomanagement-Pläne) waren maßgebend für den 2003 beginnenden Weg mit der Realisierung der zukunftsweisenden Projekte. „Wir sahen die Chance, die Ruhr im Stadtgebiet ökologisch aufzuwerten und gleichzeitig einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz zu leisten.“ Die Ruhr, damals begradigt, verbaut, kaum erlebbar und eher ein „Vorflutkanal“, schlängelt sich über eine Strecke von 33 km durchs Stadtgebiet, insgesamt beträgt die Gewässerlänge 219 km von der Ruhrquelle bis Duisburg-Ruhrort.  

Eine Zahl im Hochwasser-Aktionsplan sorgte für Aufsehen: 50 Prozent aller Hochwasserschäden im gesamten Streckenverlauf der Ruhr verzeichnete Arnsberg. Handlungsbedarf war angesagt. Zahlreiche Maßnahmen zur Herstellung der Durchgängigkeit und zur Optimierung der Gewässerstrukturen, auch der Möhne, wurden umgesetzt – dadurch verbesserte sich auch der Hochwasserschutz der Stadt deutlich. „Vier der sieben kritischen Bereiche wurden durch Renaturierungsmaßnahmen entschärft, ein fünfter Bereich ist momentan in der Planungsphase. Bei zwei Bereichen helfen ausschließlich technische Maßnahmen“, so Hammerschmidt weiter. Bisher sind 15 km renaturiert. Seit 2009 werden ausgewählte Maßnahmen durch ein Untersuchungsprogramm begleitet und dokumentiert. Ein bemerkenswerter „Nebeneffekt“ zeigte sich im Neheimer Binnerfeld: Durch das Absenken der Wasserstände in der Ruhr in diesem Bereich steigt das Grundwasser im Binnerfeld bei Hochwasser nicht so stark hoch wie früher – die Keller der Häuser sind besser geschützt.  

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Erfolge der Renaturierung 

Beim Hochwasser 2021 ist Arnsberg glimpflich davongekommen. Ein „Ausreißer“ war der Sportplatz in Arnsberg-Müschede: Die Röhr zerstörte den Kunstrasen. Durch technische Maßnahmen und Renaturierung in diesem Bereich soll die Röhr jetzt breiter und entschärft werden. Im Übrigen gestaltete sich der Hochwasserschutz kostenlos: 80 bis 90 Prozent steuert(e) das Land bei, der städtische Eigenanteil wurde als ökologische Ausgleichsmaßnahme anerkannt. Rund 16 Millionen Euro wurden bisher ausgegeben.  

Durch die Renaturierung „blüht“ die wilde Ruhr buchstäblich auf, sie ist vom Landschaftsbild attraktiv, erlebbar und lockt die Menschen an. Das Wasser-Ökosystem funktioniert auf beeindruckende Weise. Die Fischbestände haben sich positiv entwickelt. Nasse und Quappe haben sich nach 100 Jahren wieder angesiedelt. Der Eisvogel und die Wasseramsel sind wieder zu sehen, der Gänsesäger – früher nur als Wintervogel - ist wieder da. Forscher der Uni Duisburg/Essen haben Laufkäfer in der Ruhr entdeckt und 13 Käferarten gefunden, die auf der roten Liste stehen.  

Renaturierung aus der Luft

Renaturierung in der Gemeinde Bestwig

Ähnliche positive Erfahrungen macht auch die Gemeinde Bestwig mit der Renaturierung der oberen Ruhr im Bereich Hennenohl/Im Hachenloh. 2014 erfolgte der erste Abschnitt auf einem 7,5 Hektar großen Areal, in diesem Jahr soll die Renaturierung „Hennenohl II“ erfolgen. Die Natur bekommt Raum, sich selbst zu entwickeln. Das Flussbett sucht sich selbst seinen Weg, es bilden sich kleine Inseln, auch hier wird die Ruhr wieder erlebbar und zieht die Menschen an. Zudem wird der dezentrale Hochwasserschutz wesentlich verbessert. „Deutlich mehr Überflutungsbereiche können bei Starkregen große Mengen an Wasser aufnehmen“, erklärt Bürgermeister Ralf Péus.  

Bestwig hat zudem eine Reihe weiterer, kleinerer Projekte realisiert. Die Elpe wurde in Ostwig renaturiert, ebenso die Ruhrauenfläche „Hinter Hegershof“ in Velmede. Ein ehemaliges Mühlenwerk in der Elpe in Ostwig wurde zurückgebaut. Weiterhin entstand an der Wehranlage in Nuttlar ein Umgehungsring, die Auenrenaturierung „Sündenwäldchen“ ist ebenso abgeschlossen wie der „Fischaufstieg Busch“ in Bestwig und die Renaturierungsmaßnahme „Öhler-Wehr“ in Velmede. In Ramsbeck freuen sich die Einwohner über die renaturierte Valme, die sich jetzt als „lebendiger Fluss“ präsentiert. 

Die Ruhr bei Meschede

Auch in weiteren Kommunen des Sauerlandes steht das Thema „Renaturierung/Hochwasserschutz“ inzwischen hoch im Kurs. In Meschede ist die Ruhr zwischen Coventry-Brücke und Schwimmbad renaturiert, die Henne (Öffnung des Hennedeckels/Regionale) und Errichtung des Henneparks 2013 haben Meschede „belebt“. Zudem wurde der Fluss zwischen Hennesee und Hennepark vor Jahren renaturiert. Auch in den Stadtteilen und deren Umfeld wurde der Hochwasserschutz verstärkt. Zudem erfolgte die Bildung eines Starkregenrisiko-Managements.  

 

Entfesselte Diemel

Im Bereich Marsberg wurde u. a. die Diemel auf einer Länge von 600 Metern „entfesselt“. Die Devise: Schluss mit der „Wasser-Autobahn“. Der Erfolg stellte sich schnell ein: Bei einer Kontrolle des Fischbestandes wurden vor drei Jahren Elritzen und Äsche Larven gesichtet. Weitere Renaturierungsmaßnahmen befinden sich in der Planung.  

 

“Wiedervernässung” in Brilon

In Brilon ist die Fördermaßnahme „Wiedervernässung“ Kloßsiepen zur Schaffung eines siedlungsnahen Naturerlebnisraumes nördlich von Scharfenberg abgeschlossen. Der Kloßsiepen wird wieder in den Taltiefpunkt verlegt und der künstlich begradigte Gewässerverlauf mit Aufschüttungsboden aus dem Möhnetal wieder verfüllt. Das Gewässer hat damit 300 Meter Fließweg hinzugewonnen. 

Hochwasser in Sundern 

In Sundern, 2021 durch das Sorpe-Hochwasser arg gebeutelt, wird an der Schaffung von Retentionsräumen gearbeitet. Dafür sind u. a. Grunderwerbsverhandlungen nötig, die einen längeren Zeitraum erforderlich machen. Ein Arbeitskreis Hochwasser existiert seit dem Starkregen 2007. 

Renaturierung des Ruhrbogens 

In Planung ist die Renaturierung des Ruhrbogens bei Haus Füchten (Hünningen/Waltringen). Es geht um die Verbreiterung des Flussbettes und die Befreiung von massiven Steinschüttungen. Die angrenzende, landwirtschaftliche Nutzfläche würde um rund 30 Hektar schrumpfen. Verhandlungen mit den Pächtern stehen derzeit auf der Tagesordnung.  

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Platz für die Bache in Hirschberg 

In Hirschberg (Stadt Warstein) wird das Gelände des ehemaligen Freibades zurückgebaut. Ziel ist die Renaturierung des Flusses Bache und damit die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.  

Dass die Renaturierungsmaßnahmen zu Beginn nicht überall auf Begeisterung stießen, verdeutlicht Dieter Hammerschmidt. „Teilweise war die Skepsis auf den Bürgerversammlungen groß. Heute freuen sich die Menschen aber über die Renaturierung der Ruhr, über die Attraktivität des Flusses, den Naherholungswert und den verbesserten Schutz bei Starkregen bzw. Hochwasser.“ Auch die Stadt Arnsberg darf sich freuen:  Als einzige Kommune ist sie auf einer Videoplattform des Bundesumweltamtes mit dem Thema Renaturierung vertreten. 

Technischer Hochwasserschutz 

Der technische Hochwasserschutz ist natürlich von großer Bedeutung und weitgehend Standard. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die je nach Situation infrage kommen. Für die Hochwasserschutz-Experten ist eine Kombination technischer Hochwasserschutz und Renaturierung sehr effektiv.  

Deiche, Dämme und Mauern gehören zum Standard-Repertoire. Flutpolder sind eingedeichte Rückhalteräume neben Füssen. In die Rückhalteräume wird bei extremem Hochwasser gezielt Wasser gezielt geleitet wird. Ein Flutpolder besteht u. a. aus einem unbesiedelten Rückhalteraum, der durch Deiche begrenzt ist.   

Talsperren wie die Möhne, Sorpe, Henne und Diemel erfüllen bei Hochwasser eine wichtige Funktion. Sie halten ein Rückhaltevolumen für Hochwasser vor und geben – je nach Situation – gezielt Wasser ab. 

Retentionsflächen sind neben einem Fluss zumeist tiefer liegende Flächen, die im Falle eines Hochwassers als Überflutungsfläche genutzt werden können. Hochwasserrückhaltebecken sind Stauanlagen, die vor allem die Abflussmenge eines Flusses bei Hochwasser reguliert. Dabei wird zunächst die Hochwasserwelle gedämpft, dann zwischengelagert und nach dem Hochwasser wieder abgeführt. 

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